Einführung - Gehört der Rezensent überhaupt zur Zielgruppe?
Vorab ein Geständnis: Ich bin kein passiver Wohnzimmermensch. Bei uns steht nicht mal ein Fernseher im Wohnzimmer - stattdessen ein großer 1440p-Monitor mit Rechner und mehreren Konsolen dran. Für mich gibt es nichts langweiligeres, als stundenlang das TV-Programm zu konsumieren. Dafür sind mir Zeit und Verstand einfach zu schade. Trotzdem ziehe ich mir regelmäßig ein oder zwei sehenswerte Serien und Filme rein, keine Frage. Breaking Bad und The Walking Dead würde ich mir nie entgehen lassen.
Aber von den XMBC-Junkies bin ich weit entfernt, mir geht es mehr um Funktionalität, das Web und breitgefächerte Tätigkeiten bei einem Wohnzimmerrechner. Das Ding sollte genau so gut als Torrent-Client, wie als File Server, Browser, Minikonsole, Emulatorkiste oder Jukebox brauchbar sein, wie es Videos abspielen können sollte. Trotzdem bin ich vertraut mit den Bedürfnissen der Couch-Genießer, die gerne möglichst automatisierte und/oder versatile Media-Center bauen und nutzen möchten. Hier kann man vorab sagen, dass diese Box eher ein Allrounder ist und sich eher an führende Streaming Player annähert, obgleich mit dem MX Player alle Formate laufen.
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Wo das aus dem Weg ist: Weiter zum eigentlichen Test.
Spezifikationen & Verarbeitung
Der Minix Neo X7 ist Teil einer größeren Welle von Android Boxen mit Rockchip SoC, genauer handelt es sich um das Rockchip RK3188 mit Quad-Core Cortex A9 CPU-Kernen auf 1,6 GHz mit dem Stock ROM. Was heißt das im Klartext? Die synthetische Leistung liegt in etwa bei einem Samsung Galaxy SIII oder Google Nexus 7 in Rechenaufgaben, also durchaus stattlich. Für die Grafik sorgt die Mali 400 GPU, die mittlerweile etwas angestaubt ist, aber ihre großen Tage durchaus hatte. Auch hier bewegen wir uns in den Sphären des ersten Google Nexus 7, oder ein gutes Stück hinter dem Google Nexus 4.
Das Gehäuse sieht sehr hochwertig aus und orientiert sich stark am Apple TV oder Mac mini, abgerundete Kanten mit makelloser Verarbeitung lassen das Gerät mit der matten schwarzen Oberfläche eine gute Figur am Aufstellplatz abgeben. Die Antenne ist abnehmbar und folglich austauschbar, das Original hat optisch etwas von einem Paddel oder Eisstiel. Das Gehäuse gibt auch auf Druck nicht nach, im Betrieb wird es in meiner Testumgebung mit der Stock ROM nicht ansatzweise warm. Komischer Plastikgeruch ist ebenso nicht zu festzustellen - hier passt alles.
Im Lieferumfang findet ihr ein HDMI-Kabel, ein Micro-USB-Kabel für Wartung/Sync, einen Micro-USB-Adapter auf A und das Netzteil, sowie die Box und eine rudimentäre Fernbedienung mit Steuerkreuz und Medientasten - die aber viel zu wenig kann.
[justified_image_grid ids="83771,83768,83769,83770,83767,83766,83772,83765,83763,83764"]Empfohlenes Zubehör: Die A2 Air Mouse
Die A2 Air Mouse ist ein optionales Zubehörteil, das sich für bequeme Couchbedienung empfiehlt. Sogenannte Air Mouses funktionieren per Gyro/Accelerometer und sind anders als die Nintendo WiiMote relativ in ihrer Positionierung des Cursors. Man könnte die Bedienung mit einem Trackball vergleichen, der Mauszeiger bleibt an den Bildschirmkanten stehen - ihr justiert praktisch die Kalibrierung während der Benutzung wie es passt. Somit muss man nicht auf den Fernseher zeigen und kann die Air Mouse beliebig halten, sie funktioniert auch kopfüber.
Während die Vorderseite ein Steuerkreuz-Element, Medientasten und Shortcuts für grundlegende Android-Funktionen sowie einen Toggle für Neigung/Maus-Steuerung besitzt, finden wir auf der Rückseite eine Tastatur für längere Texteingaben. Android ist für Hardware-Tastaturen wie diese gewappnet und kommt auch mit einer Bluetooth- oder USB-Tastatur gut klar. Dasselbe gilt für Mäuse. Die Tasten haben einen angenehmen Druckpunkt und geben einen Klick von sich, der keine Zweifel über die Ausführung zulässt. Wer von Klicklauten schnell genervt ist, greift besser nicht zur Air Mouse A2, da ständig etwas bestätigt werden muss. Das Geräusch an sich wird aber etwas von der Gummierung gedämpft und wird somit nicht ganz so hochfrequent, wie Ihr euch das gerade vielleicht vorstellt. Mit kurzer Gewöhnung ist es für den Alltagsgebrauch völlig akzeptabel.
MINIX Neo X7 & MINIX Air Mouse A2 Eckdaten
- Maße Neo X7: 12,6 x 12,6 x 2,0 cm (ohne Antenne)
- Maße A2 Fernbedienung (optional): 18,0 x 5,5 x 1,5 cm
- Betriebssystem: Android Jelly Bean 4.2.2 mit Hersteller-ROM
- Arbeitsspeicher (RAM): 2 GB DDR3
- Interner Speicher (NAND): 16 GB
- Netzteil: Extern
- Akku: Nein
- Konnektivität: 3x USB 2.0, 1x Micro-USB OTG, Kopfhörer, Mikrofon, Bluetooth, Dual-Band WLAN-b/g/n, RJ-45 Ethernet, SD/MMC-Kartenleser
- Videoausgabe-Optionen: HDMI bis 1.4a mit bis zu 1080p Full HD Auflösung
- Audioausgabe-Optionen: Lautsprecher in der Fernbedienung, Analog-AUX, Optischer Ausgang, AUX+Optical
Performance und Use-Cases
Die GPU ist nicht unbedingt eine große Schwachstelle - für die meisten gängigen Spiele oder Emulatoren mit OpenGL genügt sie. Darüber hinaus toppt sie die meisten aktuellen Android-Boxen. Die CPU hingegen macht alles mit, was im Android-Alltag so anfällt. Hier ein Geekbench-Ergebnis:
Video-Playback und Streaming
Videos werden einwandfrei hardware-dekodiert. Das für Rockchips bekannte Stottern bei 1080p hängt mit dem CPU-Governor zusammen, der die Taktfrequenz reguliert. Dieses Problem scheint MINIX in den Griff bekommen zu haben, die neueste pre006c-Firmware spielte bei mir sämtliche MKV- und H264-Medien ab, die ich mit MX Player oder dem Browser öffnete.
Das herstellereigene Interface ist zweckmäßig und macht die Arbeitsabläufe zum Öffnen von Medien so einfach wie bei einem DVD-Player mit USB-Support - und leider auch genauso hässlich. Ich bevorzuge die reguläre Android-UI mit einem passenden Launcher wie dem Nova Prime Launcher. Weniger Augenkrebs, selbige Funktionalität, einfacher Zugriff auf alle Apps.
Emulation
Weiter ging es mit dem hervorragenden SuperGNES-Emulator, der SNES-Spiele auf der Android-Plattform ermöglicht. Keine großartige Konfiguration notwendig: Einfach ein Gamepad (Ich habe das DualShock 3 Pad der PS3 benutzt) anstöpseln, Tasten belegen und ab die Post. Im OpenGL-Modus (der eher die GPU taxiert) liefen Spiele wie Super Mario World und R-Type III absolut flüssig und verzögerungsfrei.
Als kleine Emulator-Box ist der MINIX Neo X7 mehr als geeignet. Mit SuperGNES habt ihr eine hübsche Oberfläche mit Cover-Download, die eine ROM-Sammlung in vollem Glanz erstrahlen lässt. Alleine hiermit kann man den Kaufpreis legitimieren, wenn man keine andere Lösung im Wohnzimmer stehen hat.
Problematisch zeigte sich hingegen das Pairing per Bluetooth mit einer Wii Remote oder dem DualShock Controller, beide wollten nicht so recht, was mit der Firmware-Implementierung von Bluetooth bzw. dem Treiber zusammenzuhängen scheint.
Jukebox
Mit Google Play Music könnt ihr bekanntlich MP3-Dateien über den Rechner in die Cloud schießen, die sich mit Android-Geräten wiederum streamen lassen. Ein Spotify für Selbermacher sozusagen. Play Music läuft mit dem MINIX Neo X7 einwandfrei out-of-the-box, ein Stolperstein ist hier die Selektion der Audio-Ausgabegeräte.
Standardmäßig und nach jedem Reboot (nervig) wählt der MINIX Neo X7 die A2 Fernbedienung als Quelle und Ausgabe für Audio, dann läuft die Musik auf dem telefonhörerartigen Teil und sorgt für Gelächter und Verwunderung in der Runde, nicht zuletzt weil der Klang etwas blechern wirkt. Schalten wir aber auf den analogen oder digitalen Ausgang um, bietet die kleine Android-Kiste unproblematischen Musikgenuss ohne Knistern, Knacken oder Aussetzer. Spotify ist natürlich auch eine Option, dank Android, die ich aber nicht ausprobierte.
Natives Android-Gaming
Die Zockerei auf dem MINIX Neo X7 ist etwas happig. Einerseits laufen darauf die meisten beliebten Spiele von Angry Birds bis Grand Theft Auto III. Letzterer Titel aber eher ruckelig und nicht auf den höchsten Einstellungen der Sichtweite. Andererseits schmiert alles von Gameloft wegen der DRM-Prüfungen (gerätebezogen und daher schwierig) ab. Beach Buggy Blitz läuft mit Controller-Support, oder per Neigungssensor der A2 Fernbedienung, und macht auf dem großen Schirm überraschend viel Spaß. Die Framerate ist hier ausgezeichnet - aber eben nicht bei allen Spielen.
Dafür gibt es allerhand Lösungen, die aber Nutzer-Eingriffe erfordern. Wer also keine Custom ROM ausprobieren möchte, von Overclocking nichts hören will, von ADB so viel versteht wie ein peruanischer Ziegenhirte, und prinzipiell eine Apple-Erfahrung erwartet - der fällt hier böse auf die Schnauze.
Die native Gaming-Ecke ist einer der ersten Bereiche bei denen klar wird: Ab hier bewegen wir uns in puncto Nutzungserfahrung auf dem Gebiet früher Android-Versionen oder Linux auf dem PC. Alles kann funktionieren, muss es nicht, wird es vielleicht nie, aber da gibt es einen Patch, oder doch nicht.
Wer auf makellose, idiotensichere und zeitsparende Lösungen besteht, ist hier völlig verkehrt. Zocker mit weniger Ansprüchen oder größerer Bastel-Toleranz werden aber wiederum garantiert genügend Spielchen finden, die mit einem richtigen Controller eine wahre Freude für kleines Geld darstellen. Auch für technisch versierte Teenager sehe ich hier das Potenzial für Lernerfahrungen, Erfolgserlebnisse beim Einrichten und Modden von Spielen, Herumgebastel mit Tweaks und Patches. Es ist eben ein Experimentiergerät einer alternativen Produktkategorie und kein Ersatz für eine Spielekonsole, Apple TV oder einen Heimserver mit XBMC. Es ist alles zusammen und mehr, aber nie perfekt.
Das Web: Browser, Chrome, GMail, Kalender, Reddit, YouTube
Sämtliche Android-Apps für Webdienste und Netzkonsum die ich so ausprobierte, funktionierten schnell und problemlos. Zu bevorzugen ist hier eindeutig der schnellere Stock Android Browser (mit dem blauen Globus-Icon), der offenbar auch weniger Ressourcen als Chrome benötigt. Sehr selten trat auch mal ein stiller Crash des Browsers auf, wie ich ihn aber auch von sämtlichen anderen Android-Devices in unserem Haushalt kenne. Features wie Synchronisation gehen beim Stock Browser übrigens auch nicht verloren. URL-Eingabe lässt sich per Touch-Keyboard mit dem Mauszeiger, Hardware-Keyboard per USB oder der Air Mouse tätigen und klappt wunderbar.
Wer kein Tablet besitzt und sich vorstellen kann, auf dem großen Schirm seine Mails, Kalender, Websites, Feeds, Social Media Streams und ähnliche Inhalte zu konsumieren: Mit dieser Android-Kiste ist das kein Problem. YouTube läuft ruckelfrei, schnell und stabil.
Streaming, AirPlay
Die Darstellung für AirPlay-Geräte läuft über eine App namens Airpin, die als Systemdienst automatisch mit dem Neo X7 startet und im Hintergrund läuft. Zur Betrachtung von Fotos, Videos, YouTube-Inhalten und ähnlicher AirPlay-Inhalte müsst ihr lediglich die Android-Box als Ziel auswählen.
Die Funktionalität ist aber eingeschränkt und nicht unbedingt immer stabil, hier müssen die ROM-Entwickler noch ein wenig feilen. Beim Durchblättern meiner iPhone-Fotos wurden vereinzelte Bilder übersprungen, nur kurz angezeigt oder zu früh/spät dargestellt.
So sauber, nahtlos und visuell hochwertig wie natives AirPlay wird es aber wohl nie werden, auch die Spiegelungs-Funktion lüppt überhaupt nicht. Die UI-Elemente von Airpin kann man nur als hässlich beschreiben, aber sie erledigen ihren Job und halten sich weitestgehend aus dem Sichtfeld des empfindlichen Ästheten.
Weiter ist Support für Miracast und DLNA an Bord, per Android wird mit der MediaShare App auf die Box gecasted. Miracast habe ich mangels Equipment nicht getestet, sonstige Sharingfunktionen klappen weitestgehend einwandfrei.
Wer sich ein Media-Center bauen möchte und sehr spezifische Anforderungen dafür hat, prüft besser mal zuerst die Supportforen des Herstellers und liest einige Threads dazu durch. Ferner gibt es eine Custom Firmware, die sich fast ausschließlich auf XBMC konzentriert. Diese Nische wird also durchaus vertreten, aber nicht out-of-the-box und ohne Handarbeit.
Videotelefonie & Telepräsenz
Problematisch wurde es beim Anstöpseln einer Logitech Pro 9000 Webcam: Abgesehen vom bemühten automatischen Umstellen der Audioquelle ging die Webcam circa 3 Sekunden, nahm ein Foto auf (das aber nur als schwarze Fläche in der Datei landete) und blockierte fortan so ziemlich jede andere App von der einwandfreien Funktion, inklusive Airpin. Nur ein Reboot richtete diesen nervigen Umstand, die Cam habe ich folglich nicht mehr genutzt. Laut Hersteller und Userforum soll aber durchaus Videotelefonie damit machbar sein, wenn man denn eine passende (günstige Logitechs sollen durchaus klappen) Cam dafür besitzt. Die A2-Fernbedienung ist dann dank Mikro und Speaker wie ein Telefonhörer nutzbar.
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